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Interview mit Dermatologe Dr. Peter Weisenseel

Die chronisch-entzündliche Erkrankung Neurodermitis ist mit einem erheblichen Leidensdruck für die Betroffenen verbunden.1 Kennzeichnend für diese, auch als atopische Dermatitis bezeichnete Krankheit, ist eine gestörte Hautbarriere und damit verbundene trockene, juckende Ekzeme.2 Dadurch, dass die Haut keine natürliche Schutzfunktion mehr hat, können Keime und reizende Stoffe leichter eindringen. Bei Neurodermitis ist aber nicht nur die Haut, sondern der ganze Körper betroffen. Darum wird die Erkrankung auch als systemisch bezeichnet. Was das bedeutet und wie neue Therapien hier ansetzen, erklärt Dr. Peter Weisenseel, Facharzt für Dermatologie am Dermatologikum in Hamburg, im Interview. Denn mit diesem Wissen kannst du auch die verfügbaren Behandlungsmöglichkeiten besser verstehen und dir Informationen dazu im nächsten Arztgespräch einholen.

Neurodermitis betrifft nicht nur die Haut

Auffallend sichtbar werden die entzündlichen Prozesse in den oberen Hautschichten – etwa durch die trockene und gerötete Haut. Jedoch ist Neurodermitis viel mehr als nur eine Hauterkrankung: Dermatologen wie Dr. Weisenseel bezeichnen die Neurodermitis lieber als eine systemische und multifaktorielle Erkrankung, weil sie auch andere Organe betreffen kann und an ihrer Entstehung Faktoren wie die Gene, das Immunsystem oder Umwelteinflüsse beteiligt sein können.

Auch die Behandlung muss systemisch erfolgen

Aufgrund des systemischen Charakters der Erkrankung können neben der entzündeten Haut auch andere allergische Reaktionen auftreten – etwa in den Schleimhäuten. So treten Heuschnupfen und allergisches Asthma bei Menschen mit Neurodermitis gehäuft auf, wobei die allergischen Symptome typischerweise von außen nach innen wandern: Sie beginnen meist mit der Neurodermitis, später kommen Heuschnupfen und schließlich Asthma dazu. Aber auch der Magen-Darm-Trakt kann durch Lebensmittelallergien betroffen sein.

Welche Bedeutung das für die Behandlung dieser chronisch-entzündlichen Erkrankung hat, darauf macht Dr. Weisenseel aufmerksam: „Wichtig ist eben, dass der Patient sich als ganzes System versteht, dass wir nicht nur die Haut im Fokus haben, sondern eben auch darauf achten müssen, ob andere entzündliche Prozesse im Körper mit behandelt werden müssen. Ob wir Allergien ausschließen müssen, ob der Patient gewisse Nahrungsmittel meiden muss, ob wir zum Beispiel eine Hyposensibilisierung für sein Asthma oder eine Pollen-Allergie machen und welche Medikamente wir auswählen.“

Die Wirkungsweise moderner Therapien

Diese vielfältigen Ursachen und Symptome der Erkrankung verdeutlichen, warum es zumindest bei mittelschwerer bis schwerer Neurodermitis nicht immer ausreicht, nur die Haut von außen zu behandeln. Versuche, die gestörte Hautbarriere mit Cremes und Lotionen wieder ins Gleichgewicht zu bringen, greifen oft zu kurz. Viel wichtiger ist es, ein Verständnis zu entwickeln, dass es sich um eine systemische (von innen heraus entwickelte) Autoimmunerkrankung handelt, die mitunter auch nur systemisch (also von innen heraus) behandelt werden kann.

Die gute Nachricht: Die Forschung hat sich viele Jahre die Ursachen der Erkrankung und die Zusammenhänge im Körper angeschaut. Das hat zur Entwicklung von innovativen Therapien geführt, die direkt am Entzündungsprozess ansetzen. „Bei der Neurodermitis gibt es eine ganze Reihe von innerlichen, also systemischen Therapien, die wir heute zur Verfügung haben", sagt Dr. Weisenseel und erklärt den Unterschied zwischen einer topischen äußerlichen Therapie und einer Systemtherapie. Bei der äußerlichen Therapie werde die Wirkung genau dort erzielt, wo die Creme oder Salbe aufgetragen worden ist, so der Experte und fährt fort: „Ganz im Gegensatz zu den innerlichen Therapien in Tabletten- oder Spritzenform. Dort kann ich mit dem Medikament im ganzen Körper, in der Haut, aber auch in verschiedenen anderen Abteilungen des Körpers, zum Beispiel in der Schleimhaut, eine Wirkung erzielen.“

Wann lohnt sich der Gang zum Arzt?

Auch wenn du schon viele Versuche unternommen hast, deine Neurodermitis in den Griff zu bekommen und auch unzählige Arztbesuche nicht das gewünschte Ergebnis gebracht haben: Gib nicht auf! Hole dir die neuesten Informationen und suche aktiv das Gespräch. Ein Besuch in der Praxis ist die erste Anlaufstelle, um mehr zu erfahren. Dieser Appell liegt auch Dr. Weisenseel sehr am Herzen: „Gehen Sie bitte wieder in die ärztliche Behandlung. Es hat sich viel getan in den letzten Jahren. Es gibt neue, moderne Therapien, mit denen wir gezielter, sicherer und besser die Neurodermitis behandeln können als noch vor einigen Jahren."

Du hast noch nicht die richtige Praxis gefunden oder möchtest einen neuen Anlauf wagen, um deine Erkrankung in den Griff zu kriegen? Die Hautarztsuche des Bundesverbands der Deutschen Dermatologen oder das telemedizinische Angebot Online Doctor können dir dabei helfen. Weitere Informationen findest du hier.

Referenzen:

  1. MedMedia. Hoher Leidensdruck und Informationsbedarf bei Neurodermitis. Online verfügbar unter: https://www.medmedia.at/relatus-med/hoher-leidensdruck-und-informationsbedarf-bei-neurodermitis/ (zuletzt abgerufen am 16.10.2023).
  2. Helios Magazin. Neurodermitis: Wenn der Juckreiz unerträglich wird. Online verfügbar unter: https://www.helios-gesundheit.de/magazin/haut/news/neurodermitis/ (zuletzt abgerufen am 16.10.2023).

Referenzen:

  1. MedMedia. Hoher Leidensdruck und Informationsbedarf bei Neurodermitis. Online verfügbar unter: https://www.medmedia.at/relatus-med/hoher-leidensdruck-und-informationsbedarf-bei-neurodermitis/ (zuletzt abgerufen am 16.10.2023).
  2. Helios Magazin. Neurodermitis: Wenn der Juckreiz unerträglich wird. Online verfügbar unter: https://www.helios-gesundheit.de/magazin/haut/
    news/neurodermitis/
    (zuletzt abgerufen am 16.10.2023).

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